Wenn Weiße sich wie Ein­ge­bo­rene anzie­hen zeugt das zumeist von umfas­sen­den Ver­sa­gen grund­sätz­li­chen Stil­emp­fin­dens. Kurz gesagt: Es ist kom­plett lächer­lich. Die jun­gen Over­lan­der waren somit ein uner­schöpf­li­cher Fun­dus an Scha­ber­nack, mit dem Mike und ich uns den ers­ten Abend im Sudan ver­trie­ben. Der grüne Sack, in den sich ein aus­neh­mend umfang­rei­cher Eng­län­der hüllte, war beson­ders gewieft. Schön auch, weil er mich an meine Reise in Indien erin­nerte, als ich nai­ver Hüp­fer mit dem tra­di­tio­nel­len Lungi um die Len­den gewi­ckelt raf­fi­niert meine nicht­exo­ti­sche Her­kunft ver­schlei­erte… die per­fekte Tarnung!

Doch nun zum Thema, das uns allen unter den Nägeln brennt.

Da ein 100-US$-Visum mit Ein­rei­se­stem­pel inklu­sive For­mu­lar in zwei­fa­cher Aus­füh­rung suda­ne­si­schen Behör­den zu wenige Gründe für wei­tere sinn­lose Arbeits­plätze bie­tet, ist inner­halb von drei Tagen eine wei­tere Regis­trie­rung not­wen­dig. Dazu gehe man in die dafür zustän­dige Poli­zei­stelle, bringe Kopien des Pas­ses und Fotos, fülle wei­tere For­mu­lare, und besu­che in unnach­voll­zieh­ba­rem Rhyth­mus kahle Ver­wal­tungs­zim­mer eines kaf­ka­es­ken Kom­ple­xes an Verwaltungszimmern.

Um es aus­zugs­weise dar­zu­stel­len: In einem Zim­mer sit­zen vier Ange­stellte hin­ter einer Theke. Einer emp­fängt die erneute Gebühr von 100 Suda­ne­si­schen Pfund, der Zweite (mit Brille) füllt ein For­mu­lar, wor­auf der Nächste die Gum­mie­rung von vier Mar­ken anfeuch­tet. Er ist pro­fes­sio­nel­ler Mar­ken­be­feuch­ter, und hat sicher­lich eine ein­wand­frei aus­ge­bil­dete Zunge. Er klebt diese auch auf! Der Vierte im Bunde hän­digt nun Klys das frisch deko­rierte For­mu­lar aus und schickt ihn auf Nach­frage in einen wei­te­ren Raum, um dort zum Bei­spiel eine Unter­schrift entgegenzunehmen.

Kurz vor Voll­endung sieht Kly­sens For­mu­lar dann so aus:

Lei­der darf ich es nicht mit­neh­men, son­dern bekomme am Ende nur einen jäm­mer­li­chen Auf­kle­ber in mei­nen Pass. Mitt­ler­weile dürfte sich meine kom­plette Iden­ti­tät (inklu­sive Blut­gruppe und Fin­ger­ab­druck) bereits in min­des­tens zehn­fa­cher Aus­füh­rung an ver­schie­de­nen Punk­ten der suda­ne­si­schen Büro­kra­tie befin­den. Falls ich mich ver­gesse, kann ich da zumin­dest nachfragen.

Ich will euch nicht lang­wei­len, aber selbst­ver­ständ­lich muss man sich in jedem neuen Ort bei der Poli­zei regis­trie­ren, sobald man ankommt. Zumin­dest ist das dann kos­ten­los. Dau­ert aber, bis der Beamte sämt­li­che Infor­ma­tio­nen aus dem Pass abge­malt hat…
Und: die offi­zi­elle Foto­er­laub­nis, die man eigent­lich bean­tra­gen muss, bevor man im Sudan Fotos machen darf, igno­riere ich. Irgendwo ist auch mal Schluss!

Falls ihr jetzt noch nicht erschöpft auf­ge­ge­ben habt, gibt es als Beloh­nung noch ein paar Ein­drü­cke aus Wadi Halfa, einem klei­nen stau­bi­gen Wüs­ten­nest am Rande des Nas­ser-Sees. Mir gefällt es sehr gut, ich bin so glück­lich end­lich wie­der etwas Span­nen­de­res zu erle­ben nach Jor­da­nien und Ägypten!

Mehr Fotos wie immer hier!

Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

  1. Alex der Schwede says:

    Ich liebe Afri­ka­ni­sche Buro­krati. Es ist lecher­lich und sinn­loss aber ich muss sagen dass das High­light mei­ner Reise in Sudan war die Buro­krati. Nie habe ich so etwas sinn­los­ses gesehen…Es freut mich dass du die Unter­ha­lungs­wert fin­den kannst!

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